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Dienstag, 29. März 2022

GRABEN ZWISCHEN PRESSE UND FINANZBERATUNG FÜLLEN

Der deutsche Diplombetriebswirt Michael Oehme (58) ist Consultant der CapitalPR AG aus Sankt Gallen, verschafft deutschen Unternehmen Marktzutritte und Kapital in der Schweiz. Er selbst siedelte 2011 vom hessischen Friedberg in die Schweizer Alpen.



Hält er die Schweiz als Einwanderungsland für lukrativ? Oehme: „Ja, Arbeitnehmer genießen eines der höchsten Pro-Kopf-Löhne in Europa. Und die Lebensqualität wird von vielen internationalen Consultingfirmen als eine der besten in der Welt beurteilt.“ Und für deutsche Unternehmer interessant: „Nebenbei bietet die Schweiz eines der freundlichsten Steuersysteme und für Unternehmen Steueranreize unterschiedlichster Art.“



Michael Oehme – keine Neidkultur

Angenehm empfindet Oehme in der Schweiz: „Und eine Neidgesellschaft ist den Schweizern ebenso fremd, wie seinen Nachbarn im Zweifel nicht hilfreich zur Verfügung zu stehen.“

Oehme ist ein gefragter Referent unter anderem mit seinem Vortrag: „Ist die Schweiz ein Vorbild, von dem Europa lernen kann?“. Der leidenschaftliche Berater ist zudem anerkannter Immobilienexperte. Er berät Schweizer Immobilienunternehmen bei der strategischen Ausrichtung, Positionierung und Realisierung von Erfolgsstrategien. Sein oberstes Anliegen dabei: „Den vorhandenen Graben zwischen Presse und Finanzberatung füllen.“
Im Interview mit Business Leaders erzählt Oehme wie er das macht und gewährt dabei zum ersten Mal öffentlich sehr persönliche Einblicke in sein Leben.



1. Business Leaders: Um ein Unternehmen im Markt bekannt zu machen, muss man wissen, wie der Markt tickt und was die Leute hören wollen. Waren Sie schon immer ein schlauer Junge, der Dinge vermarkten wollte? Was hat Ihnen imponiert? Wer oder was hat Sie inspiriert, ein Unternehmensberater zu werden?



Michael Oehme: „Sehr viel gelesen“

Michael Oehme: „Ich war leider kein ‚schlauer Junge‘, dem alles in die Wiege gelegt wurde. Ich bin allerdings in einem ‚einfachen‘, liebevollen Elternhaus aufgewachsen und habe früh gelernt, dass man mit Fleiß viel erreichen kann. Außerdem haben meine Eltern in mich vertraut. Und ich durfte – als erster in unserer Familie übrigens – ein Gymnasium besuchen. Es war ein humanistisches Altsprachen-Gymnasium. Und bei Latein und Altgriechisch habe ich sicher den ersten Schliff erhalten. Einige meiner Mitschüler kamen dabei aus recht vornehmem Haus und beim Besuch derer Familien konnte ich kennenlernen, dass die Welt noch interessante Möglichkeiten offenhält. Ich habe dabei sehr viel gelesen, Literatur über Psychologie und Soziologie, aber eben auch von Unternehmensberatern wie Tom Peters und später die Bücher von Edgar K. Geffroy, Roland Frank und Nikolaus B. Enkelmann, um nur einige zu nennen. Das hat mich sehr inspiriert, auch im Hinblick auf die Themen Vermarktung und Verkauf.“



2. Business Leaders: Wie sahen dann Ihre ersten Berufsschritte aus?



Michael Oehme: „Nach einer Lehre als Sozialversicherungsfachangestellter und einigen Jahren als jüngster Geschäftsstellenleiter der DAK, habe ich schließlich noch ein BWL-Studium begonnen. Ich wollte die Unternehmensabläufe und deren Einbindung in die Volkswirtschaft einfach besser verstehen. Da ich allerdings von Bertelsmann für den DFI Gerlach Report abgeworben wurde – Heinz Gerlach schied damals aus und sie brauchten jemanden für die Vermarktung der Seminare und Tagungen sowie für das ‚gelbe Revolverblatt‘ – musste ich mein Studium in nur fünf Semestern abschließen. Ich erinnere mich, wie ich voller Stolz mit meiner Diplomarbeit ‚summa cum laude‘ zum damaligen Chef-Redakteur Helmut Kapferer kam und mir anhören musste: ‚Schön, das ist Theorie. Willkommen in der Praxis!‘“



Viele Visitenkarten von Finanzdienstleistern gesammelt

Michel Oehme: „Und da war ich dann auch wirklich. Ich erinnere mich ewig an den ersten Vertriebskongress. Da stolzierten die großen Vertriebsbosse in die Halle, unter dem rechten Arm eine blonde ‚Sekretärin‘ und unter dem linken eine Brünette. Die hatten, ‚mit Verlaub‘ so dicke Eier, dass sie kaum laufen konnten. Und vor dem Hotel stand eine Luxuskarosse neben der anderen. Oder ein Kongress zum Thema Bankgarantie-Geschäfte. Seinerzeit moderierte Heinz Gerlach. Sein erster Spruch war: ‚Wenn ich mich umsehe und nicht täusche, sitzen hier 500 Jahre Gefängnis auf dem Podium!‘ Das waren also meine ersten Schritte in der Finanzdienstleistung. Später, 1996, habe ich mich dann als Berater für Finanzdienstleister selbstständig gemacht. Ich wollte und habe Finanzdienstleister beraten, professionell aufzutreten, Neukunden zu gewinnen und so weiter, die ganze Palette eben. Bei meinen gefühlt unzähligen Seminaren habe ich viele Visitenkarten gesammelt. Alle fanden das toll, was ich referiert habe, allerdings hatte keiner das Geld, mich zu bezahlen – oder sie wollten es eben nicht. Sie kennen das alles. Wichtig war mir dabei immer, dass Finanzdienstleister auch die Presse in ihr Handeln einbinden und somit den vorhandenen Graben zwischen Presse und Finanzberatung füllen sollten. Dieses Unverständnis bestand seinerzeit und besteht zum großen Teil heute noch.“



Innige Freundschaft mit Dorothee Schöneich (finanzwelt, Wiesbaden)

Michael Oehme: „Geändert hat sich meine Situation erst, als ich Dorothee Schöneich von der finanzwelt in Wiesbaden kennenlernte. Für mich eine der profiliertesten Persönlichkeiten der Finanzbranche. Wir haben festgestellt, dass zur damaligen Zeit die Emittenten – die überwiegend auch aus dem Vertrieb kamen – das gleiche Problem, nämlich den professionellen Umgang mit der Presse und mit Analysten hatten und es eine gegenseitige Scheu voreinander gab. Es hat sich eine langjährige, sehr interessante und ereignisreiche Zusammenarbeit ergeben, aus der auch eine innige Freundschaft erwachsen ist. In dieser Zeit konnte ich sehr viele Erfahrungen sammeln – positive wie negative. Eine negative Erfahrung war dabei sicher, dass man mich als Berater seitens der Presse für Entwicklungen von Unternehmen verantwortlich machen wollte, auf die ich gar keinen Einfluss nehmen konnte. Oftmals fehlten mir auch Informationen, die mich deren Entscheidungen oder Absichten überhaupt hätten nachvollziehen lassen. Ich habe hieraus meine Konsequenzen gezogen.“



3. Business Leaders: Was war denn das Schlüsselerlebnis, das Sie zum Fan der Schweiz werden ließ?

Michael Oehme: „Sie werden es kaum glauben, aber meine ersten Erfahrungen mit der Schweiz sammelte ich im zarten Alter von 19 Jahren. Ich wohnte damals in einer Wohngemeinschaft nahe Frankfurt. Zwei der Mitbewohner waren Schweizer, die drei Monate im Jahr als Senner in den Berner Alpen arbeiteten. Da ich der einzige mit einem Auto war, habe ich sie zu ihrem ‚Schweizer Arbeitsplatz‘ gebracht und konnte so sowohl die Zürcher Intellektuellenszene als eben auch die besondere Welt der Schweizer Alpen und deren Bevölkerung kennenlernen. Die besondere Mischung aus Kultur, Zukunftsorientierung und Basisdemokratie fasziniert mich noch heute. Nicht zuletzt natürlich auch die hohe Lebensqualität, die unter anderem Grund dafür ist, dass viele Headquarters von Weltunternehmen ihren Führungsstab hier leben lässt.“

Michael Oehme: „Effizienz ist keine Frage der Größe“



4. Business Leaders: Was macht die Schweiz zum Vorbild für Europa?

Michael Oehme: „Das ist eine schwierige Frage, die ein Schweizer ungern beantworten würde. Schweizer sind nämlich viel zu bescheiden, ihr Handeln in den Vordergrund zu stellen. Deshalb ecken hier auch manche Deutsche an, die sich ‚aufspielen‘. Der Schweizer würde sich charmant zurücklehnen und behaupten, „wir machen es nicht besser, sondern anders.“ Für den Schweizer bedeute das beispielsweise, dass die zweite Röhre im Gotthardtunnel nicht nur schneller fertig wurde als geplant, sondern auch noch unter dem ursprünglich angesetzten Etat. Kennen Sie ein einziges Beispiel aus Deutschland der letzten 20 Jahre, dass dies von sich behaupten kann? Mir ist dabei durchaus bewusst, dass die Schweiz ein überschaubar kleines Land ist, doch Effizienz ist keine Frage der Größe. Und die Selbstbestimmung von Bürgern beziehungsweise die Integration von Ausländern auch keine. Die Schweiz hat einen Ausländeranteil von mehr als 25 %, funktioniert – genau genommen – in vier Sprachen. Aber Sie werden kaum jemanden finden, der dies bemerkt.


5. Business Leaders: Schwerpunkt Ihrer Beratungstätigkeit ist die Ansiedelung von Unternehmen und Privatpersonen in der Schweiz. Warum halten Sie die Schweiz als Einwanderungsland für lukrativ?


Michael Oehme: „Ich habe es in meinen vorherigen Ausführungen eigentlich schon angedeutet. Die Schweiz bietet ein investitionsfreundliches, steuergünstiges Umfeld für Unternehmen und für Arbeitnehmer attraktive Arbeitsbedingungen. Überall in der Schweiz werden Fachkräfte gesucht, viele Deutsche sind aber beispielsweise auch in die Schweiz gekommen, um hier als Bademeister, Friseure oder in der Gastronomie zu arbeiten. Sie haben dabei ein Einkommen, das in etwa dem Doppelten dessen entspricht, was sie in Deutschland gehabt haben. Dies ist auch mit ein Grund, warum beispielsweise in der Ostschweiz ein hoher Anteil der Ärzte und des Krankenhauspersonals aus Deutschland kommen. Ärzte bestätigten mir, dass sie dabei weniger Verwaltungsaufwand, mehr Freizeit, gepaart mit einer höheren Liebesqualität, haben. Keiner der von mir gesprochenen Ärzte wollte nach Deutschland zurückkehren.“


6. Business Leaders: Heute beraten Sie auch Schweizer Immobilienunternehmen. Was können umgekehrt die Schweizer Bauträger von Ihnen lernen?


Michael Oehme: „In der Tat ist das Thema Vermarktung und aktiver Verkauf in der Schweiz noch nicht so angekommen, wie wir es aus Deutschland heraus kennen. Das mag mit der Schweizer Zurückhaltung zu tun haben. Fernerhin sind auch Schweizer Unternehmen dankbar für alternative Finanzierungsmöglichkeiten, da diese ähnlich strengen Reglementierungen der Banken unterliegen wie in Deutschland. Die Erfahrungswerte hierzu konnte ich gut im Schweizer Immobilienmarkt nutzen und verwirklichen.“


„Hinter all diesen Marktteilnehmern stehen Menschen“


7. Business Leaders: Sie waren viel Jahre lang Chefredakteur der finanzwelt im hessischen Wiesbaden. Das Magazin ist ein Bindeglied zwischen Produktgebern und Vertrieben. Was ist Ihre wichtigste Erkenntnis, die Sie in dieser Zeit gewonnen haben?


Michael Oehme: „Meine Zeit als Chefredakteur von finanzwelt möchte ich wirklich nicht missen, da sie meinen Erfahrungsschatz in den darauffolgenden Jahren deutlich erweitert hat. Zudem ist Dorothee Schöneich aus meiner Sicht eine der profiliertesten Unternehmerinnen in Deutschland. Es ist schwierig, diese Zeit auf nur eine wichtige Erkenntnis zu reduzieren. Vielleicht diese, dass hinter all diesen ‚Marktteilnehmern‘ Menschen stehen, mit all ihren Wünschen und Zielen, aber eben auch Sorgen und Nöten. Und der erste Eindruck ist oftmals nur ein kleiner Teil dessen, was dahintersteht. Sie würden beispielsweise niemals erahnen, wie viele vermeintlich harte Haudegen auch ihre soziale Seite haben und dementsprechend sozial engagiert sind.“


8. Business Leaders: Gibt es für Sie noch ein Neuland, das Sie gern noch betreten würden?


Michael Oehme: „Wie viele Menschen, die von sich behaupten können, dass sie an einem Ziel der Lebensverwirklichung angekommen sind, möchte man irgendwann auch etwas mehr zurückgeben. In meinem konkreten Fall haben meine neue Lebenspartnerin und ich, sie stammt ursprünglich aus der Dominikanischen Republik, begonnen, in ganz kleinen Schritten ärmere Familien vor Ort zu unterstützen. Ein nächster Schritt ist die Zusammenarbeit mit einer regionalen Schule. Nur wenige Dominikaner sprechen Englisch. Und daher würden wir gerne die Sprachbildung von Schülern fördern. Sie sehen also, mein Neuland ist eher sozialer Natur. Vielleicht ist dies ja auch meinem Alter geschuldet.“



Business Leaders: Herr Oehme, wir danken für das Interview.




Donnerstag, 24. März 2022

Die Schweiz kann sich der Preissteigerungen nicht entziehen

Michael Oehme erklärt, wie die Zinspolitik der Schweizer Nationalbank (SNB) Einfluss auf Miet- und Immobilienpreise nimmt

Dass kaum ein anderes Land in Europa derart vom Inflationsschub verschont blieb, zeigen die veröffentlichten Daten des Schweizer Bundesamts für Statistik. So erhöhte sich der Konsumentenpreisindex im November des vergangenen Jahres gegenüber dem Vorjahr um gerade einmal 1,5 %. Deutsche Konsumenten mussten im gleichen Monat Preissteigerungen um 5,2 % hinnehmen. In den USA sind es gar 6,8 % gewesen, meint Michael Oehme.


Dass die Preissteigerungen in den genannten Ländern sowie generell noch höher ausfallen dürften, zeigt die Verschiebung des sogenannten Warenkorbs. So sind es in Deutschlands insbesondere die steigenden Mietzinsen, die ins Gewicht fallen. Von dieser Entwicklung bleib die Schweiz verschont, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen. In der Schweiz orientieren sich Mietpreiserhöhungen maßgeblich am Konsumentenpreisindex (der Inflationsrate). Grundsätzlich stagnieren die Mietpreise daher in der Schweiz, gehen teilweise sogar zurück. Dabei kann auch die Schweiz sich Marktteuerungen nicht entziehen. Weltweit steigen die Preise – in einem gewissen Umfang auch in der Schweiz. Mit einer Inflationsrate von 0,9 % im September und Oktober ist das jedoch im internationalen Vergleich nahezu nichts. Allein in den Nachbarländern beträgt die Konsumteuerung zwischen 3,5 und 4 %.

Massiver Einfluss durch Währungspolitik

2015 kippte die SNB die Koppelung des Schweizer Franken an den Euro. Bis dahin gab es über Jahre einen festen Wechselkurs von 1,20 Schweizer Franken zu einem Euro. Prompt erwartete man eine deutliche Verstärkung des Franken beispielsweise gegenüber dem Euro. Seither nimmt die SNB massiv Einfluss auf die Währungspolitik, denn ein starker Franken schadet der Schweizer Wirtschaft. Allein im ersten Halbjahr 2021 erwarb die SNB Devisen im Gegenwert von 90 Milliarden Franken. Am Rande erwähnt sei, dass sie mit diesen Währungsgeschäften milliardenschwere Gewinne einfuhr. Das erklärte Ziel der SNB: Den Schweizer Franken schwächen, der so stark ist wie seit dem Frankenschock 2015 nicht mehr. Dabei kam ihr seit Februar 2021 eine interessante Entwicklung entgegen: Denn seither nimmt der Euro als wichtigste Handelswährung der Schweizer deutlich an Wert zu und verringert damit gleichzeitig den Druck auf die SNB, weiterhin massiv zu intervenieren, also Devisen zu kaufen, um den Franken vor einer Aufwertung zu schützen.

Auswirkungen auf die Immobilienbranche

Es liegt auf der Hand, dass die Zinspolitik der SNB, die beispielsweise auch Negativzinsen umfasst, direkten Einfluss bei der Vergabe von Krediten nimmt. So sind dank der niedrigen Zinsen die Hypothekarkosten auf einem historisch günstigen Niveau, was zu einer Erhöhung der Nachfrage und aufgrund des fehlenden Angebotes an vielen Orten zu steigenden Preisen führt. Dabei zeigen Erhebungen, dass es günstiger ist, eine Wohnung zu kaufen und zu finanzieren als Miete zu bezahlen. Auf institutioneller Seite sind Mietwohnungen dennoch der nahezu einzige Weg, wenn auch kleine, Renditen zu erzielen. Auch hier sind die niedrigen Hypothekarkosten natürlich förderlich. Dass die SNB hier preistreibende Gefahren sieht, wird sie nicht müde zu kommunizieren. Gebetsmühlenartig wiederholt sie, dass sie die Gefahr einer Immobilienpreisblase gerade im Mietwohnungsbau genau verfolge und im Zweifel dagegenhalten würde. Das allerdings würde ihrer derzeitigen Zinspolitik entgegenlaufen.

Niedrige Mieten verringern Inflationsrate

Bereits erwähnt wurde, dass sich die Mietpreise in der Schweiz an der Inflationsrate orientieren. Die geldpolitische Strategie der SNB, die nach Preisstabilität strebt, sorgt somit gleichsam für vertretbar faire Mietpreise, die überwiegend gezahlt werden müssen. Betrachtet man das Durchschnittseinkommen in der Schweiz und in Deutschland und zieht die zu bezahlenden Mieten hinzu, wird dies schnell deutlich. Wichtig ist, dass dieser – dem Anstieg der Immobilienpreise gegenläufige Effekt – auch Auswirkungen auf die für die Währungshüter so wichtige Größe hat: die Inflation. Denn ein niedriger Mietzins nimmt direkt Einfluss auf das Budget einer Durchschnittsfamilie und damit direkt auch auf den Anteil, der der Ermittlung der Inflationsrate zugrunde liegt. Vereinfacht ausgedrückt: Eine vergleichbar niedrige Miete drückt sich sofort inflationshemmend auf den Konsumentenpreisindex aus. Dass dieser Effekt in der Schweiz besonders ausgeprägt ist, zeigt eine Studie aus dem vergangenen Jahr (On the transmission of monetary policy to the housing market). Um ein Gefühl dafür zu bekommen: In den Jahren 2018 und 2019 stiegen die Mietpreise im Durchschnitt um 0,6 %. In 2020 und 2021 um 0,9 %. Das ist unterhalb der jeweiligen Inflationsraten und deutlich unterhalb der Einkommenssteigerungen der entsprechenden Jahre. Die Mieten haben also in den letzten fünf Jahren die Einkommen nicht stärker belastet als zuvor. Einen weiteren Effekt beschreibt die Studie: Danach trägt der Inflationsimpuls deshalb so deutlich bei der Ermittlung des Konsumentenpreisindexes bei, da es in der Schweiz – trotz des Immobilienbooms – einen hohen Anteil an Mietwohnungen gibt. In Deutschland, wo die Wohneigentumsquote ähnlich niedrig ist, würde dieser Effekt durch den hohen Anteil an Mietwohnungen im Staatsbesitz abgeschwächt.

Michael Oehme ist Consultant bei der CapitalPR AG, St. Gallen/Schweiz. In seine Wahlheimat Schweiz siedelte er 2011 aus – nicht erst seitdem ist er bekennender „Fan“ der Schweiz. Oehme ist Fachbuchautor und gefragter Referent u. a. mit seinem Vortrag: „Ist die Schweiz ein Vorbild, von dem Europa lernen kann?“.

Donnerstag, 17. März 2022

Heizkostenzuschuss von 270 Euro für Bezieher von Wohngeld, Studierende und Auszubildende

Mit einem einmaligen Zuschuss für Bezieher von Wohngeld will die Bundesregierung die im Laufe des vergangenen Jahres um bis zu 35% gestiegenen Energiekosten auffangen. Wegen der stark gestiegenen Energiepreise sollen auch Studierende und Auszubildende profitieren welche Bafög beziehen. 710.000  Haushalte werden dies dann abrufen können. Die Kosten belaufen sich laut Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) auf ca. 188,5 Mio. Euro. Eine Lösung für die Teilung des CO2-Preises steht laut Geywitz noch aus.  Die Ampel-Koalition hat sich am Mittwoch auf einen Heizkostenzuschuss von 270 Euro geeinigt. Der Bund stellt somit etwa 370 Mio. Euro zur Verfügung. Verabschiedet soll das Gesetz vom Bundestag am Donnerstag.

Dienstag, 15. März 2022

BSI Warnung vor Virenschutz-Software Kaspersky

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt vor der Virenschutzsoftware des Herstellers Kaspersky und empfiehlt einen Wechsel auf alternative Produkte. Das Cybersicherheitsunternehmen wehrt sich gegen die Vorwürfe. Um das Risiko russischer Cyberangriffe in Deutschland zu reduzieren, warnt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor der Verwendung von Virenschutz-Software des russischen Herstellers Kaspersky. Die Software dieses Anbieters solle durch alternative Produkte ersetzt werden, riet das BSI am Dienstag. Quelle: www.cash-online.de

Donnerstag, 10. März 2022

Tiktokerin zeigt ihren Altag im Ukrainischen Bunker

Zusammen mit ihrer Familie lebt Tiktokerin Valerish seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine in einem Bunker in der Stadt Tschernihiv. Täglich postet sie Videos von ihrem Alltag. Die Videos werden von vielen Zuschauern gesehen und kommentiert. Zum Video

Dienstag, 8. März 2022

Die Schweiz ist jetzt im Krieg mit Russland ?

SVP-Übervater und alt Bundesrat Christoph Blocher hält es für einen grossen Fehler, dass die Schweiz die Sanktionen gegen Russland übernommen hat. Das Land sei damit zur Kriegspartei geworden.

Die Schweiz darf sich als neutrales Land nicht dazu hinreissen lassen, in Konflikten wie dem Ukraine-Krieg Partei zu ergreifen. Das ist nach Ansicht von alt Bundesrat Christoph Blocher (81) mit der Beteiligung an wirtschaftlichen Sanktionen geschehen.

«Wer hier mitmacht, ist eine Kriegspartei», sagt Blocher im Hinblick auf die Sanktionen in einem Interview mit der «NZZ». Bei kriegerischen Auseinandersetzungen sei es die Politik der Schweiz, den bisherigen Handel einzufrieren und nicht über den «Courant normal» hinauszugehen. Darunter wird verstanden, dass russische Konteninhaber in der Schweiz beispielsweise weiterhin auf ihr Geld in der Schweiz zugreifen können, aber keine neuen Gelder überwiesen beziehungsweise keine neuen Konten eröffnet werden dürfen.

Schweiz habe Chance vertan

«Durch die Teilnahme an den Sanktionen ist die Schweiz jetzt im Krieg», findet Blocher. «Dabei müsste man doch jetzt alles unternehmen, um diesen furchtbaren Krieg so schnell wie möglich zu beenden.»

Als neutraler Staat hätte die Schweiz einen besonderen Beitrag leisten können. Diese Chance sei nun leichtsinnig vertan. Wenn die Bundesräte Viola Amherd und Ignazio Cassis nun von einer Zeitenwende sprächen, verdeckten sie damit nur eigene Schwächen, wirft Blocher der Regierung vor. Dem «Bundesrat war das eigene Ansehen offenbar wichtiger als die Wahrung des Friedens», so seine Schlussfolgerung.

«Weltfremd, an eine Welt ohne Krieg zu glauben»

Die Schweiz darf sich als neutrales Land nicht dazu hinreissen lassen, in Konflikten wie dem Ukraine-Krieg Partei zu ergreifen. Das ist nach Ansicht von alt Bundesrat Christoph Blocher (81) mit der Beteiligung an wirtschaftlichen Sanktionen geschehen.

«Wer hier mitmacht, ist eine Kriegspartei», sagt Blocher im Hinblick auf die Sanktionen in einem Interview mit der «NZZ». Bei kriegerischen Auseinandersetzungen sei es die Politik der Schweiz, den bisherigen Handel einzufrieren und nicht über den «Courant normal» hinauszugehen. Darunter wird verstanden, dass russische Konteninhaber in der Schweiz beispielsweise weiterhin auf ihr Geld in der Schweiz zugreifen können, aber keine neuen Gelder überwiesen beziehungsweise keine neuen Konten eröffnet werden dürfen.

Schweiz habe Chance vertan

«Durch die Teilnahme an den Sanktionen ist die Schweiz jetzt im Krieg», findet Blocher. «Dabei müsste man doch jetzt alles unternehmen, um diesen furchtbaren Krieg so schnell wie möglich zu beenden.»

Als neutraler Staat hätte die Schweiz einen besonderen Beitrag leisten können. Diese Chance sei nun leichtsinnig vertan. Wenn die Bundesräte Viola Amherd und Ignazio Cassis nun von einer Zeitenwende sprächen, verdeckten sie damit nur eigene Schwächen, wirft Blocher der Regierung vor. Dem «Bundesrat war das eigene Ansehen offenbar wichtiger als die Wahrung des Friedens», so seine Schlussfolgerung.

«Weltfremd, an eine Welt ohne Krieg zu glauben»

Der Bundesrat beharre auf dem Einzelfall. Die Botschaft müsse aber sein, dass die Schweiz als friedliebendes Land auf der Grundlage der dauernden Neutralität handle, wie dies die Bundesverfassung verlange. Aber dieses Mal seine eine Kriegsbeteiligung beschlossen worden. Man könne nur hoffen, dass es glimpflich ablaufe.

«Es war weltfremd, an eine Welt ohne Krieg zu glauben, weltfremd zu glauben, dass eine friedliebende Welt ohne Verteidigungsarmeen auskommt», sagt Blocher weiter.

Bundesrats- und Parlamentsmehrheit seien unter dem Druck des In- und Auslandes eingeknickt. Je schlimmer es in der Welt zugehe, desto wichtiger sei die Neutralität. Die Nichteinmischung sei nicht nur Selbstschutz, sie ermögliche erst die Guten Dienste, so der SVP-Doyen. Quelle Blick.ch

Donnerstag, 3. März 2022

Platzt der Traum vom Eigenheim in der Schweiz ?

 Glaubt man der Presse, ist in der Schweiz der Traum vom Eigenheim für viele geplatzt. Diese Aussage, so plakativ sie ist, ist aber falsch. In wie kaum einem anderen Land „regiert“ in der Schweiz das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Das gilt auch für den Immobiliensektor. Wichtig ist, dass diese Nachfragesteigerung – anders als beispielsweise in Deutschland – ausschließlich ausgelöst wird durch Menschen, die in der Schweiz leben oder dorthin „siedeln“, wie es im Schwyzerdütschen heißt. Denn nur die dürfen Immobilien zu Wohnzwecken in der Schweiz kaufen. „Auch wenn also die Preise für Immobilien in der Schweiz in den letzten beiden Jahren deutlich gestiegen sind, besteht keine Besorgnis wegen einer möglichen Überhitzung. Schauen wir uns die Gründe dafür an“, sagt Unternehmensberater Michael Oehme.

 

 

Unternehmensberater Michael Oehme: Eigentum als Privileg?

„Ein eigenes Haus mit Garten – das bleibt für den Großteil der Bevölkerung unerreichbar, wie eine Studie der Raiffeisen zeigt. Grund sind die steigenden Preise“, schreibt 20min Schweiz. Die Redakteure beziehen sich dabei auf Veröffentlichungen von Martin Neff, dem Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. Danach stiegen die Preise für Immobilien in der Schweiz seit rund 20 Jahren. Und ein Ende sei nicht in Sicht. Daher könne sich ein Großteil der Bevölkerung eine eigene Immobilie nicht mehr leisten. Trotz dieser Dynamik gäbe es aber laut der Bank kein Platzen einer Blase. Denn die derzeitigen Preise seien dank der starken Aufwärtsdynamik klar begründbar und nicht das Resultat von Spekulationen, lässt sich sogar Heinz Huber, CEO von Raiffeisen in mehreren Beiträgen zitieren. Fakt ist: In der Schweiz steigen die Immobilienpreise. Dass sich weite Teile der Bevölkerung dies nicht mehr leisten können, mag richtig sein, wie wir nachfolgend aufzeigen werden. Aber es sind eben auch immer noch genug Menschen bereit und in der Lage, eine Immobilie zu erwerben. Und dies ist, das mag verwundern, sogar eher möglich als in Deutschland, wo sich das Einkommensniveau viel deutlicher von den Immobilienpreisen entfernt hat. Danach benötigt ein durchschnittlicher Haushalt in der Schweiz laut Raiffeisen Economic Research 8,42 Jahre um eine typische Eigentumswohnung abzubezahlen. In Deutschland sind es 9,12 Jahre. In Frankreich übrigens 13,48 Jahre. Schaut man sich die Mindesteinkommen in der Schweiz an, erklärt sich die Diskrepanz schnell.

 

Vermögende Schweizer?

Durchschnittlich verdient eine Aldi-Mitarbeiterin an der Kasse rund 50.000 Schweizer Franken im Jahr. Das ist deutlich mehr als in Deutschland. Lebt diese Frau mit einem Kraftfahrzeugmechaniker zusammen, dessen Grundlohn ähnlich hoch ist, können sich beide durchaus eine 3,5-Zimmer-Wohnung in St. Gallen zur Miete leisten, die für 1600 Franken zu haben ist. Das gleiche Paar dürfte in München oder Berlin deutlich größere Probleme haben. Was an dieser Darstellung so wichtig ist: Egal, wie man es interpretiert, dass die Schweiz das Land mit dem höchsten Brutto-Pro-Kopf-Einkommen der Welt ist, die Mehrheit der Schweizer kann mit seinem Einkommen gut leben und trägt damit zum Konsum, aber eben auch für marktgerechte Preise im Immobiliensektor bei. Die Schweiz hat im Ranking von 60 Ländern das höchste Brutto-Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Beim Netto-Geldvermögen rutschte sie auf den zweiten Platz mit 227.277 Schweizer Franken pro Kopf. Zugestanden ist, dass dieses Vermögen ungleich verteilt ist. Aber selbst, wenn es eine nicht unerhebliche Anzahl von Superreichen in der Schweiz gibt, deren Zahl zunehmend wächst, ist die Mehrheit der Schweizer gut situiert und die privaten Geldvermögen vermehren sich in der Schweiz genauso wie das Immobilienvermögen. Laut der Schweizer Nationalbank hat sich das Geld- und Immobilienvermögen mit über vier Billionen Schweizer Franken in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt.

Hohe Finanzierungsvoraussetzungen

Dabei dürfte sich das beispielhafte Paar (die Aldi-Kassiererin und der Kfz-Mechaniker) vermutlich keine Immobilie leisten können, denn in der Schweiz gelten im Hinblick auf Finanzierungen besonders strenge Regeln. So dürfen die Banken nur Kredite vergeben, wenn die Kunden mindestens 20 Prozent Eigenkapital mitbringen und sie den Hypothekarzins auch dann zahlen könnten, wenn er auf fünf Prozent ansteigen würde. Auch wenn er – wie in Deutschland – derzeit nur bei rund einem Prozent liegt. Grundsätzlich gilt dabei die Faustregel, dass die Gesamtbelastung aus Amortisation, Hypothekarzins und Nebenkosten nur ein Drittel des Nettoeinkommens betragen darf. Damit zeigt es sich, dass sich viele Schweizer – trotz vergleichsweisen hohen Einkommens – schlicht keine Immobilie leisten kann. Und das ist auch gut so, denn was es bedeutet bzw. bedeuten kann, auf vielen faulen Krediten zu sitzen, hat nicht zuletzt die Subprime-Krise gezeigt. Die Hypothekenvoraussetzungen sind damit ein wichtiger Beitrag im Verbraucherschutz, denn er seine Finanzierung „mit der spitzen Feder rechnen muss“, hat im Zweifel bei einer geringen Erhöhung der Zinsstruktur oder bei einer Anschlussfinanzierung das Nachsehen.

 

Warum es nicht zum Crash kommt

Dargestellt haben wir zum einen, warum nur eine begrenzte Zielgruppe sich in der Schweiz eine Immobilie leisten kann und damit risikoreiche Finanzierungen verhindert werden. Denn es sind gerade die steigenden Finanzierungsvolumina, die ein Indikator für Immobilienblasen sind. Ferner, dass die Nachfrage „hausgemacht“ ist, also nicht durch eine steigende Zahl ausländischer Käufer ausgelöst wird. Die Nachfrage wächst organisch durch die steigende Zahl der Bevölkerung. Steigen die Preise, sinkt die Zahl der Kaufwilligen. Das sich dies kaum auf das Preisniveau auswirkt, liegt schlicht am fehlenden Angebot. So wird heute rund 40 Prozent weniger Wohneigentum gebaut als noch vor zehn Jahren. Sollten die Preise sinken, greifen eben die zu, die sich heute keine Immobilie (mehr) leisten können. Dies stabilisiert ebenfalls die Preise. Das ist typischer Effekt der Übernachfrage. Nicht zuletzt bietet das „Betongold“ ein wichtiges Fundament für das wirtschaftliche Wachstum. Und dessen Kennzahlen sind auch für 2022 außergewöhnlich.

Dienstag, 1. März 2022

Unternehmensberater Michael Oehme: Eigentum als Privileg?

Glaubt man der Presse, ist in der Schweiz der Traum vom Eigenheim für viele geplatzt. Diese Aussage, so plakativ sie ist, ist aber falsch. In wie kaum einem anderen Land „regiert“ in der Schweiz das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Das gilt auch für den Immobiliensektor. Wichtig ist, dass diese Nachfragesteigerung – anders als beispielsweise in Deutschland – ausschließlich ausgelöst wird durch Menschen, die in der Schweiz leben oder dorthin „siedeln“, wie es im Schwyzerdütschen heißt. Denn nur die dürfen Immobilien zu Wohnzwecken in der Schweiz kaufen. „Auch wenn also die Preise für Immobilien in der Schweiz in den letzten beiden Jahren deutlich gestiegen sind, besteht keine Besorgnis wegen einer möglichen Überhitzung. Schauen wir uns die Gründe dafür an“, sagt Unternehmensberater Michael Oehme.


„Ein eigenes Haus mit Garten – das bleibt für den Großteil der Bevölkerung unerreichbar, wie eine Studie der Raiffeisen zeigt. Grund sind die steigenden Preise“, schreibt 20min Schweiz. Die Redakteure beziehen sich dabei auf Veröffentlichungen von Martin Neff, dem Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. Danach stiegen die Preise für Immobilien in der Schweiz seit rund 20 Jahren. Und ein Ende sei nicht in Sicht. Daher könne sich ein Großteil der Bevölkerung eine eigene Immobilie nicht mehr leisten. Trotz dieser Dynamik gäbe es aber laut der Bank kein Platzen einer Blase. Denn die derzeitigen Preise seien dank der starken Aufwärtsdynamik klar begründbar und nicht das Resultat von Spekulationen, lässt sich sogar Heinz Huber, CEO von Raiffeisen in mehreren Beiträgen zitieren. Fakt ist: In der Schweiz steigen die Immobilienpreise. Dass sich weite Teile der Bevölkerung dies nicht mehr leisten können, mag richtig sein, wie wir nachfolgend aufzeigen werden. Aber es sind eben auch immer noch genug Menschen bereit und in der Lage, eine Immobilie zu erwerben. Und dies ist, das mag verwundern, sogar eher möglich als in Deutschland, wo sich das Einkommensniveau viel deutlicher von den Immobilienpreisen entfernt hat. Danach benötigt ein durchschnittlicher Haushalt in der Schweiz laut Raiffeisen Economic Research 8,42 Jahre um eine typische Eigentumswohnung abzubezahlen. In Deutschland sind es 9,12 Jahre. In Frankreich übrigens 13,48 Jahre. Schaut man sich die Mindesteinkommen in der Schweiz an, erklärt sich die Diskrepanz schnell.

 

Vermögende Schweizer?

Durchschnittlich verdient eine Aldi-Mitarbeiterin an der Kasse rund 50.000 Schweizer Franken im Jahr. Das ist deutlich mehr als in Deutschland. Lebt diese Frau mit einem Kraftfahrzeugmechaniker zusammen, dessen Grundlohn ähnlich hoch ist, können sich beide durchaus eine 3,5-Zimmer-Wohnung in St. Gallen zur Miete leisten, die für 1600 Franken zu haben ist. Das gleiche Paar dürfte in München oder Berlin deutlich größere Probleme haben. Was an dieser Darstellung so wichtig ist: Egal, wie man es interpretiert, dass die Schweiz das Land mit dem höchsten Brutto-Pro-Kopf-Einkommen der Welt ist, die Mehrheit der Schweizer kann mit seinem Einkommen gut leben und trägt damit zum Konsum, aber eben auch für marktgerechte Preise im Immobiliensektor bei. Die Schweiz hat im Ranking von 60 Ländern das höchste Brutto-Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Beim Netto-Geldvermögen rutschte sie auf den zweiten Platz mit 227.277 Schweizer Franken pro Kopf. Zugestanden ist, dass dieses Vermögen ungleich verteilt ist. Aber selbst, wenn es eine nicht unerhebliche Anzahl von Superreichen in der Schweiz gibt, deren Zahl zunehmend wächst, ist die Mehrheit der Schweizer gut situiert und die privaten Geldvermögen vermehren sich in der Schweiz genauso wie das Immobilienvermögen. Laut der Schweizer Nationalbank hat sich das Geld- und Immobilienvermögen mit über vier Billionen Schweizer Franken in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt.

Hohe Finanzierungsvoraussetzungen

Dabei dürfte sich das beispielhafte Paar (die Aldi-Kassiererin und der Kfz-Mechaniker) vermutlich keine Immobilie leisten können, denn in der Schweiz gelten im Hinblick auf Finanzierungen besonders strenge Regeln. So dürfen die Banken nur Kredite vergeben, wenn die Kunden mindestens 20 Prozent Eigenkapital mitbringen und sie den Hypothekarzins auch dann zahlen könnten, wenn er auf fünf Prozent ansteigen würde. Auch wenn er – wie in Deutschland – derzeit nur bei rund einem Prozent liegt. Grundsätzlich gilt dabei die Faustregel, dass die Gesamtbelastung aus Amortisation, Hypothekarzins und Nebenkosten nur ein Drittel des Nettoeinkommens betragen darf. Damit zeigt es sich, dass sich viele Schweizer – trotz vergleichsweisen hohen Einkommens – schlicht keine Immobilie leisten kann. Und das ist auch gut so, denn was es bedeutet bzw. bedeuten kann, auf vielen faulen Krediten zu sitzen, hat nicht zuletzt die Subprime-Krise gezeigt. Die Hypothekenvoraussetzungen sind damit ein wichtiger Beitrag im Verbraucherschutz, denn er seine Finanzierung „mit der spitzen Feder rechnen muss“, hat im Zweifel bei einer geringen Erhöhung der Zinsstruktur oder bei einer Anschlussfinanzierung das Nachsehen.

 

Warum es nicht zum Crash kommt

Dargestellt haben wir zum einen, warum nur eine begrenzte Zielgruppe sich in der Schweiz eine Immobilie leisten kann und damit risikoreiche Finanzierungen verhindert werden. Denn es sind gerade die steigenden Finanzierungsvolumina, die ein Indikator für Immobilienblasen sind. Ferner, dass die Nachfrage „hausgemacht“ ist, also nicht durch eine steigende Zahl ausländischer Käufer ausgelöst wird. Die Nachfrage wächst organisch durch die steigende Zahl der Bevölkerung. Steigen die Preise, sinkt die Zahl der Kaufwilligen. Das sich dies kaum auf das Preisniveau auswirkt, liegt schlicht am fehlenden Angebot. So wird heute rund 40 Prozent weniger Wohneigentum gebaut als noch vor zehn Jahren. Sollten die Preise sinken, greifen eben die zu, die sich heute keine Immobilie (mehr) leisten können. Dies stabilisiert ebenfalls die Preise. Das ist typischer Effekt der Übernachfrage. Nicht zuletzt bietet das „Betongold“ ein wichtiges Fundament für das wirtschaftliche Wachstum. Und dessen Kennzahlen sind auch für 2022 außergewöhnlich.