Damit
zwei Menschen sich lieben lernen, müssen sie sich mit allen Sinnen (Sehen,
Hören, Riechen, Tasten) erfassen. Genau genommen laufen in unserem Körper
permanent hochkomplizierte Prozesse aus genau diesen „Bestandteilen“ ab. Das
Wissen hierüber machen sich natürlich auch Marketingspezialisten zunutze.
Branding
durch Emotionen
Ich
möchte es an dieser Stelle noch einmal wiederholen: eine Marke, einen Brand
positioniere ich in meiner Zielgruppe am ehesten dadurch, indem ich Emotionen
wecke. Aus meiner Sicht zeigt dies derzeit am deutlichsten der Anbieter eines
stark zuckerhaltigen, gewöhnungsbedürftig riechenden Power-Getränks (man muss
den Namen nicht einmal nennen und jeder weiß trotzdem sofort, um wen es geht),
der seinen „Flügel verleihenden“ Energietrink mit den wagemutigsten sportlichen
Aktivitäten verbindet. Da wollen viele dabei sein und genau so wagemutig
wirken. Jeder weiß, dass die Produktionskosten dieses Getränks im Centbereich
liegen und viele Wissenschaftler davor warnen (die anregenden Inkredienzen halten
sie für nicht mehr anregend als eine Apfelsaftschorle). Das hat dem Erfolg
bisher in keiner Form geschadet (Umsatz 2014 immerhin 5.1 Milliarden Euro).
Konsequenterweise hat man die eigentliche Produktion denn auch ausgelagert und
konzentriert sich ausschließlich auf die Vermarktung.
„Wie
doll liebst du mich eigentlich?“
Wir
wissen nun, wie wichtig Emotionen auch beim Online-Markenbranding sind und dass
sich Wahrnehmungen messen lassen. Im vorangegangenen Beitrag haben wir damit
begonnen, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man aus den Reaktionen von Probanden
erfahren kann, welche Bestandteile einer Webside positive Reaktionen (= Emotionen)
hervorrufen. Eine Möglichkeit ist das bereits dargestellte Eyetracking. Ist der
Proband denn einmal verkabelt, wird auch seine Hautleitfähigkeit gemessen. Es
handelt sich dabei um ein absolut unbestechliches Verfahren, das viel über
Emotionen verrät. Starke Emotionen führen dabei zu starken Ausschlägen in der
Messkurve. In Kombination mit dem Eyetracking (wie wissen gerade, wo er ist),
lassen sich so Emotionen zuordnen. Der Nachteil: Durch Hautmessverfahren lassen
sich lediglich Emotionen zuordnen. Ob diese nun positiv oder negativ sind,
hierfür gibt es ein weiteres Verfahren.
Ein
Gesichtsausdruck sagt mehr als 1000 Worte
Es
handelt sich um Microexpressionen, der Analyse des Gesichtsausdrucks. Auch auf
dieses Verfahren kann der Proband keinen Einfluss nehmen, denn unser Gehirn
(genauer gesagt das limbische System) kontrolliert unsere Gesichtsmuskeln in
den ersten 40 bis 100 Minisekunden noch bevor unser Verstand sagen kann, dass
es beispielsweise vielleicht jetzt nicht gut ist, die Stirn zu runzeln.
Wissenschaftlich fundiert dargestellt wurden die Formen der Microexpressionen
durch deren „Erfinder“, den Ethnologen Paul Ekman. Seine Ausführungen und
Schlussfolgerungen sind bis heute unumstritten und werden in den veschiedensten
Ausführungen an vielen Stellen eingesetzt. Wir werden im kommenden Beitrag auf
die sieben Basisemotionen eingehen.
Sehen
und Fühlen
Inzwischen
haben sich Unternehmen darauf spezialisiert, das Nutzerverhalten zu
dokumentieren und zu interpretieren. Hierbei werden die „Probanden“ physisch
gebeten, die entsprechenden Internetseiten zu nutzen. Dieser Prozess wird
erfasst. Und zwar im Hinblick auf den Augenkontakt bzw. die Empfindungen. Was
ein wenig nach Science Fiction klingt, nennt sich auch Brand Experience Analyse
und beschreibt zum Beispiel mit Hilfe
des Eyetracking-Verfahrens, welchen „Augenverlauf“ die Probanden nehmen.
Wichtig ist, wo sie in welcher Reihenfolge wie lange hinschauen. Durch
parallele Gedankenprotokolle (der Proband ist verkabelt) erfährt man dann zum
Beispiel, was der Proband vorhat, an welcher Stelle offensichtlich Probleme
entstehen, wie diese gelöst werden usw. Kombiniert wird dieser Test durch die
Messung der Hautleitfähigkeit bzw. – vereinfacht gesagt - durch die Veränderung
des Gesichtsausdrucks. Auf diese Methoden, Emotionen zu erfassen, gehen wir im
nächsten Beitrag ein.
Wenn man das so liest, wird man doch sehr an brave new world erinnert. Wir Menschen scheinen ja nicht nur sehr durchschaubar zu sein, sondern auch noch einfach zu manipulieren. Ich weiß nicht, ob ich solche Tests gut finden soll.
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