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Donnerstag, 21. September 2017

Michael Oehme zur Rolle der vermeintlich neutralen Presse im Bundestagswahlkampf

Wer vordergründig denkt, der Bundestagswahlkampf bestehe in Deutschland zum überwiegenden Teil aus Aktivitäten wie Plakate aufstellen, mit den Bürgern sprechen und Wahlwerbespots im Fernsehen zu bringen, der täuscht sich. Bundestagswahlkampf ist die Königsklasse für PR-Berater. Und zwar weltweit. Was meinen Sie wohl, warum Russland vorgeworfen wurde, man habe sich einseitig in den US-Wahlkampf eingemischt, indem man die sozialen Medien dafür „missbrauchte“ Menschen für oder gegen eine Partei zu instrumentalisieren? Warum sollte dies im deutschen Bundestagswahlkampf anders sein? Nun hat sich Frau Merkel (CDU) nicht dem Twitter verschrieben und kommentiert fröhlich, was so alles auf der Welt passiert. Auch Martin Schulz (SPD) hält sich sichtbar bei den neuen Medien zurück. Er suchte möglichst oft das persönliche Gespräch, bei dem der stets lächelnde, erfahrene Politiker gut punkten konnte.      
Nein, beide Politiker nutzen über ihre PR-Berater den Weg in die wichtigste Zielgruppe: die Journalisten. Wobei Angela Merkel ohnehin eine enge Bindung in die deutsche Journalie unterstellt wird, worauf wir in einem späteren Blogbeitrag einmal eingehen werden. Man wird dabei den Eindruck nicht los, dass sich CDU und SPD im wohl langweiligsten Bundestagswahlkampf der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland schon im Vorfeld abgesprochen haben, dass schwarz-rote Koalition fortgesetzt werden soll. Dies wurde auch im Kuschelkurs-TV-Duell deutlich. Die Presse zeigt sich hierbei von ihrer absolut unerträglichsten Seite. Russlandchef Puttin musste sicher grinsen, als er sich dieses TV-Duell anschaute. Gleichgeschalteter kann Presse selbst in Russland nicht sein.   
Dem Bürger wurde dies vermutlich kaum deutlich. Immerhin fuhr man die Journalisten und Moderatoren auf, die bislang als eher kritisch bekannt sind, nämlich Sandra Maischberger (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel (RTL) und Claus Strunz (Sat.1). Auffällig war: Die Fragen wirkten wie abgestimmt, was sie vermutlich auch waren. Wie schafft man es sonst, dass Merkel wie Schulz nahezu auf die gleiche Sprechzeit hinausliefen. Immer dann, wenn einer der Kandidaten an einem Punkt war, wo es einem als Journalist auf der Zunge lag, eine vertiefende Frage zu stellen, wurde sicherheitshalber das Thema gewechselt. Das war eine Schmierenkomödie, die den Bürger nicht informierte, sondern mit Verlaub verarschte. Der Tiefgang im TV-Dialog im Bundestagswahlkampf 2017 erinnerte dabei an einen Schlickrutscher, mit dem im Watt Dinge befördert werden.
Beispiel gefällig? Peter Kloeppel im Hinblick auf die niedrigen Umfragewerte von Martin Schulz: „Liegt es daran, dass Sie bei vielen Bürgern doch noch ziemlich unbekannt sind oder liegt es daran, dass Sie keine Regierungserfahrung haben?“ Diese Frage muss aus der Feder eines PR-Beraters stammen, denn noch einfältiger jemanden ins Gespräch zu führen, seine Lobpreisungen loszuwerden, geht eigentlich nicht. Die Presse zeigt im Bundestagswahlkampf 2017 ihres wahres Gesicht. Sie muss aufpassen, denn immer mehr Menschen sind pressemüde und glauben denen, die Kritik an der zunehmend einseitiger werdenden Presse in Deutschland üben. Über die Macht der Presse werden wir uns in Folge immer wieder beschäftigen müssen. Der Bundestagswahlkampf ist eigentlich schon gelaufen - rest in peace. 

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